Ökologisch nachhaltige Anleihen zählen zu den wichtigsten Instrumenten für die Finanzierung von Investitionen in grüne Technologien, Energie- und Ressourceneffizienz sowie in nachhaltige Verkehrs- und Forschungsinfrastruktur. Und damit sich die Finanzierungen aus der Emission solcher Anleihen im Rahmen der gesamteuropäischen Initiative zur Förderung hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft steigern, soll ein einheitlicher Standard unterstützen.
Und so haben die Abgeordneten des EU-Parlaments am 05.10.2023 den neuen, wenn auch freiwilligen Standard für die Verwendung eines „European Green Bond“-Labels angenommen. Dieser angenommene Standard stellt damit weltweit ein Novum dar, denn er ist der Erste seiner „Art“.
Die mit 418 Ja-Stimmen, 79 Nein-Stimmen und 72 Enthaltungen angenommene Verordnung legt einheitliche Standards für Emittenten fest, welche die Bezeichnung „European Green Bond“ oder „EuGB“ für die Vermarktung ihrer Anleihe verwenden wollen.
Neue Standards für grüne Anleihen sollen Anleger-Interesse steigern
Die festgelegten Standards für das „Green Bond“ Label sind harmonisch auf die Struktur der EU-Taxonomie abgestimmt, die definiert, welche Wirtschaftsaktivitäten von der EU als ökologisch nachhaltig betrachtet werden. Durch diese Standards wird Anlegern die Möglichkeit geboten, ihre Investitionen mit größerer Gewissheit in Richtung nachhaltiger Technologien und Unternehmen zu lenken. Gleichzeitig verleihen sie dem emittierenden Unternehmen ein höheres Maß an Sicherheit, indem sie gewährleisten, dass die emittierte Anleihe den Anforderungen von Investoren entspricht, die grüne Anleihen in ihre Portfolios integrieren möchten. Diese Maßnahmen, wie vom EU-Parlament in einer offiziellen Pressemitteilung erklärt, sollen das Interesse an dieser spezifischen Form von Finanzprodukten steigern und somit den Übergang der EU in Richtung Klimaneutralität nachhaltig fördern.
Neuer Standard fokussiert vor allem Transparenz bei grünen Anleihen
Alle Unternehmen, die sich bei der Vermarktung einer grünen Anleihe (Green Bond) für die Übernahme der Standards und damit auch des EuGB-Labels entscheiden, müssen umfangreiche Informationen über die Verwendung der Anleiheerlöse offenlegen. Außerdem müssen sie darlegen, wie diese Investitionen in die Umstellungspläne des gesamten Unternehmens einfließen. Der Standard setzt also voraus, dass die Unternehmen einen allgemeinen grünen Wandel vollziehen.
Die Offenlegungsanforderungen, die in so genannten „Template-Formaten“ festgelegt sind, können auch von Unternehmen genutzt werden, die Anleihen ausgeben, die noch nicht in der Lage sind, alle strengen Standards des EuGB einzuhalten, aber dennoch ihre grünen Bestrebungen signalisieren wollen.
Die Verordnung implementiert nicht nur Standards für grüne Anleihen, sondern etabliert auch ein Registrierungssystem und einen Aufsichtsrahmen für externe Prüfer europäischer grüner Anleihen. Diese unabhängigen Institutionen tragen die Verantwortung für die Bewertung der Einhaltung der definierten Standards. Zusätzlich wird klargestellt, dass sämtliche tatsächlichen oder potenziellen Interessenkonflikte, denen externe Prüfer ausgesetzt sein könnten, sorgfältig ermittelt, beseitigt oder angemessen gehandhabt werden müssen. Dabei ist eine transparente Offenlegung dieser Konflikte von entscheidender Bedeutung.
Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Integrität und Glaubwürdigkeit des Prüfprozesses zu gewährleisten, indem potenzielle Interessenkonflikte proaktiv erkannt und in Übereinstimmung mit festgelegten Protokollen behandelt werden. Die Einrichtung eines klaren Rahmens für die externe Prüfung stärkt nicht nur die Vertrauenswürdigkeit des grünen Anleihenmarktes, sondern fördert auch die Transparenz und Verantwortlichkeit der Prüfinstitutionen.
Vorgabe: 85 % des durch grüne Anleihen gewonnenes Kapital müssen Taxonomie-konform investiert werden
Bis zur vollen Einsatzfähigkeit des Taxonomie-Rahmens haben Emittenten europäischer grüner Anleihen die Verantwortung sicherzustellen, dass mindestens 85 % der durch die Anleihe aufgebrachten Mittel für wirtschaftliche Aktivitäten verwendet werden, die im Einklang mit der EU-Taxonomie-Verordnung stehen. Die verbleibenden 15 % können anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten zugewiesen werden, sofern der Emittent die festgelegten Anforderungen erfüllt und transparent darlegt, welchen Zweck diese Investitionen verfolgen.
Diese Bestimmungen sind von entscheidender Bedeutung, um sicherzustellen, dass die Emissionen grüner Anleihen effektiv zur Förderung umweltfreundlicher Aktivitäten beitragen. Die klare Definition und Überwachung der Mittelverwendung sind essentiell, um die Integrität des grünen Finanzmarktes zu gewährleisten und sicherzustellen, dass die Investitionen den vorgegebenen ökologischen Zielen entsprechen.
Abschließendes – European Green Bond
Der Berichterstatter, Paul Tang (S&D, NL), betonte: „Die Unternehmen streben danach, einen umfassenden grünen Wandel zu vollziehen. Die Europäische Grüne Anleihe stellt bis dato das effektivste Instrument dar, um diese Umgestaltung finanziell zu unterstützen. Sie präsentiert sich als transparentes und vertrauenswürdiges Mittel, um die Umstellungspläne von Unternehmen voranzutreiben.
Die heute erfolgte Abstimmung markiert den Auftakt für Unternehmen, sich ernsthaft mit der Emission grüner Anleihen auseinanderzusetzen. Investoren zeigen ein starkes Interesse an europäischen grünen Anleihen, und ab sofort haben Unternehmen die Möglichkeit, sich aktiv an ihrer Entwicklung zu beteiligen. Auf diese Weise tragen europäische grüne Anleihen dazu bei, den Übergang Europas zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu fördern.“
Prokurist und Leiter Portfoliomanagement, Wirtschaftsinformatiker (EBS), über 25 Jahre Erfahrung als Händler (Eurex-, Xetra- und NASD-Lizenz) und Portfolio- und Fondsmanager u.a. für Absolute-Return-Produkte bei Investmentboutiquen. Seit 2009 bei der FiNet Asset Management GmbH in Marburg als Fonds- und Portfoliomanager tätig.
Frank Huttel ist spezialisiert u.a. auf Produktentwicklung und der Fondsauswahl und hat fundiertes Know-how im klassischen sowie alternativen Asset-Management. Seit 2019 ist er SRI-Advisor (EBS) und Climate Reality Leader (2018). Außerdem ist er Mitinitiator von vividam, dem nachhaltigen Robo-Advisor.