Bieten ethische Investments eine besser Performance als traditionelle Fondsangebote? Und wenn ja, warum? Wagen wir einen Blick auf die aktuelle Situation.
Europas Industrie soll bis 2050 vollständig emissionsfrei funktionieren. Damit dieses ambitionierte Ziel auch nur annähernd in Reichweite rückt, müssen die Investitionssummen in Niedrigenergiesektoren sich verdoppeln, wie eine Untersuchung der Ratingagentur Climatrics im Februar 2020 ergab.
Demzufolge schätzt die EU-Kommission, dass das Null-Emissionsziel nur unter der Prämisse erreicht werden kann, dass Investoren bis 2030 zwischen 176 und 290 Milliarden Euro mehr Kapital in den entsprechenden Firmen und Branchen anlegen müssen, als dies unter den aktuellen Bedingungen und Klima-Richtlinien der Fall wäre.
Sowohl Privatinvestoren als auch Kapitalgesellschaften können, nein, sollten sich dafür entscheiden, ihr Vermögen in Unternehmen mit transparenter Unternehmenskultur und ethischen Zielen zu verteilen. So können sie nicht nur zweifelhaften Sektoren (Tabak, Waffen, Pornografie, etc.) die Finanzierung entziehen, sondern aktiv mithelfen, das Ziel der Erderwärmung Einhalt zu gebieten, zu erreichen.
Wenn Sie sich für soziale Geldanlagen beziehungsweise ethische Investments interessieren, gibt es einige Variablen zu beachten.
Ethische Investments: Worauf sie achten sollten!
Zunächst einmal versteht es sich von selbst, dass Sie die finanzielle Lage des Unternehmens kennen sollten, in das Sie vorhaben zu investieren. Das bedeutet, dem eigentlichen Investment geht eine Analyse der Bilanzen des Unternehmens und der Branche voraus, in der es tätig ist, seiner Verwaltungsstruktur, Wettbewerber, Langzeitperspektiven und so weiter.
Als nächstes sollten Sie Ihre zu erwartende Eigenkapitalrendite abschätzen und sie mit den durchschnittlichen Kapitalmarktrenditen vergleichen. Ein erfahrener Anlageberater untersucht für Sie diese Aspekte und rechnet Ihnen zuverlässig einen objektiven und soliden Richtwert aus.
Außerdem gibt es, natürlich, den ethischen Aspekt zu beachten. Schließlich ist dieser der ausschlaggebende Faktor, wenn Sie planen, Geld so zu investieren, dass es sich auf sozialer und ethischer Ebene positiv auswirkt. Unter diesem Gesichtspunkt sind bei Ihrer Investmentrecherche Faktoren ausschlaggebend wie die Unternehmenshistorie und das Engagement in soziale Initiativen und Projekte.
Mitunter ist dieser Teil der Recherche sogar schwieriger zu bewältigen, denn zwar schmücken sich viele Unternehmen gerne mit ihrem Einsatz für wohltätige Zwecke, versuchen damit aber auch oft nur allzu gerne dunkle Flecken zu kaschieren, wenn es etwa um intransparente Lieferketten oder Arbeitnehmerrechte geht.
Umso wichtiger ist es, so viele objektive Informationen wie nur möglich zu sammeln, bevor Sie sich endgültig für ein Investment entscheiden.
Checkliste, um Ihr Geld sozialverträglich zu investieren
- Informieren Sie sich, welche Fonds Ihr Investment-Anbieter oder privater Renten.Versorger Ihnen anbieten kann.
- Sehen Sie sich Investitionsleitlinien und Beteiligungen Ihrer Fonds an. Diese Richtlinien geben Ihnen Aufschluss darüber, wie Ihr Vermögensverwalter Ihr Geld investieren und in Ihrem Namen versuchen wird, Unternehmen zu beeinflussen. Sie können dies entweder selbst in Erfahrung bringen oder Ihren Finanz- oder Vermögensberaters darum bitten.
- Außerdem ist es wichtig zu wissen, in welchem Sinne, wofür, wogegen und wie Ihr Fonds-Anbieter bei den Jahreshauptversammlungen eventueller Aktiengesellschaften in ihrem Portfolio abstimmt. Machen Sie vom Stimmrecht im Sinne positiver Klimapolitik und Menschenrechte Gebrauch?
- Die gemeinnützige Organisation „ShareAction“ aus London hat vor wenigen Monaten ein unabhängiges Ranking über die weltweit verantwortungsvollsten Vermögensverwalter ausgearbeitet, das eine gute erste Orientierung bietet.
- Nutzen Sie für Ihre Recherche auch Informationen von Rating-Agenturen, deren Schwerpunkt auf nachhaltigen, ethischen, sozialen und grünen Investments liegt.
Ethische Investments: Der Rendite-Aspekt
Ausschlaggebend für die Entscheidung zu einem nachhaltigen Investment ist für jeden Anleger nicht zuletzt auch die zu erwartende Rendite. Nur die Wenigstens können es sich leisten, aus reiner Nächstenliebe Geld zu investieren. Und das muss auch niemand. Denn neueste Entwicklungen zeigen, dass ethische Investments trotz der anhaltenden Auswirkungen der Pandemie sogar besser performen als traditionelle Fonds.
Umwelt- und Klimaschützer haben vor wenigen Monaten noch die verbesserte Luftqualität während der Quarantänemaßnahmen bejubelt. Dass sich nun auch der Aktienmarkt in ihrem Sinne entwickelt (hat), gibt noch mehr Anlass zur Freude. Detaillierte Untersuchungen von Zahlen und Statistiken umweltverträglicher Fonds hat ergeben, dass sie traditionelle Fonds auf ganzer Bandbreite schlagen – und zwar sowohl während der Pandemie, als auch während der vorangegangenen 10 Jahre; einschließlich dem Ausverkauf beim Krisenpeak.
Daten des US-Finanzanalysten Morningstar scheinen zu bestätigen, dass die einst von Anlagetraditionalisten als Hippie-Investments verschrienen, nachhaltigen Geldanlage langsam zum Massenprodukt werden. Morningstar hat 745 Nachhaltigkeitsfonds untersucht und sie mit 4.150 traditionellen Fonds verglichen. Im Ergebnis waren die Renditen mindestens gleichauf, wenn nicht sogar besser. Und zwar in allen Kategorien, Assetklassen und Ländern.
Die durchschnittlichen Renditen und Erfolgsraten ethischer Geldanlagen belegen also, dass man keine Abstriche bei den Gewinnen durch nachhaltige Investments machen muss – gutes Gewissen und gute Gewinne können sehr gut Hand in Hand gehen. Denn ein Großteil nachhaltiger Investmentfonds schnitt, laut Morningstar, über mehrere Anlagezeiträume hinweg bei den jeweils erzielten Renditen sogar besser ab, als traditionelle Fonds.
Über einen 10-jährigen Anlagezeitraum betrachtet, lag die durchschnittliche Jahresrendite eines nachhaltigen Fonds, der in multinationale Großkonzerne investierte, bei 6,9% p.a. Bei traditionell investierenden Fonds lag die Jahresdurchschnittsrendite über den gleichen Zeitraum bei 6,3%.
Und diese Entwicklung hielt auch durch die Corona-Krise hindurch an: in allen, bis auf eine, Kategorien haben nachhaltige Fonds im 1. Quartal 2020 Überschussrenditen von 0,09% bis 1,83% erzielt. Auch im zweiten Quartal 2020 hält dieser Trend an. Bis Juli 2020 haben ESG-Fonds bereits fast den Spitzenwert des letzten Jahres erreicht.
Gründe für die bessere Performance ethischer Investments
Einer der Gründe für das bessere Abschneiden ethischer Geldanlagen könnte sein, dass viele US-Technologieaktien, die bei umweltbewussten Investor/innen besonders beliebt sind, während der Coronakrise wahre Höhenflüge verzeichnet haben, während Aktien in Erdöl-, Gas- und Kohleunternehmen in den Keller gestürzt sind.
Während sich der Nasdaq-Index für US-Technologieaktien sich bereits vollständig von der Coronakrise erholt hat, lag der Wert für einen Anteil an Ölgiganten ExxonMobil vor wenigen Monaten noch bei gerade einmal 53 US-Dollar; im Gegensatz zu den 70 USD, die sie vor dem Lockdown wert waren.
Morningstar vermutet außerdem, dass auch die Beständigkeit nachhaltiger Fonds eine Rolle bei der besseren Performance spielt. Einer der Tricks von Vermögensverwaltern besteht darin, Fonds, die schlecht performen, still und heimlich aus dem Portfolio der von ihnen betreuten Anleger zu „entfernen“ – üblicher Weise, indem sie sie mit anderen, besser performenden Fonds zusammenführen.
Dadurch stehen am Ende natürlich sehr schmeichelhafte Zahlen, die den Anschein erwecken, die Investoren erzielten langfristig bessere Ergebnisse, als dies tatsächlich der Fall ist. Morningstar fand indes heraus, dass drei Viertel der Nachhaltigkeitsfonds 10 Jahre oder länger bestanden. Bei traditionellen Fonds gelang das weniger als der Hälfte.Ethische Investments können also tatsächlich belegbar höhere Renditen erzielen als traditionell investierte Fonds.
Auch wenn der persönliche Nutzen nicht die Hauptmotivation für eine ethische Geldanlage sein sollte, so gibt der Umstand, dass nachhaltige Investments mindestens so gut und lohnenswert abschneiden, wie ihre traditionellen Gegenstücke, Anlegerinnen und Anlegern doch ein zusätzlich gutes Gefühl, ihr Vermögen in „die gute Sache“ zu investieren.
Prokurist und Leiter Portfoliomanagement, Wirtschaftsinformatiker (EBS), über 25 Jahre Erfahrung als Händler (Eurex-, Xetra- und NASD-Lizenz) und Portfolio- und Fondsmanager u.a. für Absolute-Return-Produkte bei Investmentboutiquen. Seit 2009 bei der FiNet Asset Management GmbH in Marburg als Fonds- und Portfoliomanager tätig.
Frank Huttel ist spezialisiert u.a. auf Produktentwicklung und der Fondsauswahl und hat fundiertes Know-how im klassischen sowie alternativen Asset-Management. Seit 2019 ist er SRI-Advisor (EBS) und Climate Reality Leader (2018). Außerdem ist er Mitinitiator von vividam, dem nachhaltigen Robo-Advisor.