Die European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) hat kürzlich ihren Arbeitsplan für Änderungen an den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) beschlossen. Diese Standards sind ein wesentlicher Bestandteil der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und zielen darauf ab, die Nachhaltigkeitsberichterstattung in Europa zu verbessern. In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf die geplanten Änderungen, die Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und die Implementierungsstrategien, die EFRAG entwickelt hat.
Arbeitsplan und Prioritäten
EFRAG hat einen mehrjährigen Arbeitsplan entwickelt, der sich auf die Erstellung sektor-spezifischer Standards konzentriert. Diese Standards decken eine Vielzahl von Branchen ab, darunter Bergbau, Öl und Gas, Straßenverkehr, Textilien und Finanzinstitutionen. Ziel ist es, die spezifischen Anforderungen und Herausforderungen jeder Branche zu berücksichtigen und eine präzisere und relevantere Nachhaltigkeitsberichterstattung zu ermöglichen.
Sektor-spezifische Standards
Die Entwicklung dieser Standards ist ein komplexer und kontinuierlicher Prozess. EFRAG arbeitet daran, die Standards regelmäßig zu aktualisieren und zu erweitern, um den sich ändernden Anforderungen und Erwartungen gerecht zu werden. Dies umfasst auch die Berücksichtigung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und technologischer Entwicklungen. Beispielsweise wird im Bereich Bergbau und Öl und Gas besonders auf die Umweltbelastungen und die sozialen Auswirkungen geachtet, während im Textilsektor die Arbeitsbedingungen und die Lieferketten im Fokus stehen.
Unterstützung für KMU
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Arbeitsplans ist die Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU). EFRAG entwickelt sektorübergreifende Standards, die speziell auf die Bedürfnisse von KMU zugeschnitten sind. Diese Standards sind freiwillig und sollen KMU helfen, Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen, die den Prinzipien der ESRS entsprechen, jedoch vereinfacht und proportional sind.
Proportionalität und Vereinfachung
Die sektorübergreifenden Standards für KMU sind so konzipiert, dass sie den spezifischen Bedürfnissen und Kapazitäten dieser Unternehmen gerecht werden. Dies soll sicherstellen, dass auch kleinere Unternehmen in der Lage sind, qualitativ hochwertige Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen, ohne übermäßige administrative Belastungen zu erfahren. Laut einer Erhebung der Europäischen Kommission aus dem Jahr 2021 haben 70% der befragten KMU angegeben, dass sie Schwierigkeiten bei der Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten haben, insbesondere aufgrund der Komplexität und des Zeitaufwands.
Implementierungsunterstützung
EFRAG bietet umfassende Unterstützung bei der Implementierung der ESRS. Dies umfasst Schulungen, FAQs und andere Ressourcen, die Unternehmen bei der Einhaltung der neuen Standards helfen sollen. Diese Unterstützung ist entscheidend, um sicherzustellen, dass Unternehmen die neuen Anforderungen effektiv und effizient umsetzen können.
Praktische Hilfestellungen
Die praktischen Hilfestellungen von EFRAG sollen Unternehmen dabei unterstützen, die neuen Standards in ihre bestehenden Berichterstattungsprozesse zu integrieren. Dies umfasst auch die Bereitstellung von Best-Practice-Beispielen und Fallstudien, die Unternehmen als Orientierungshilfe dienen können1. Eine Studie von EFRAG aus dem Jahr 2023 zeigt, dass Unternehmen, die frühzeitig Unterstützung bei der Implementierung erhalten haben, ihre Berichterstattungsqualität um 30% verbessern konnten.
Öffentliche Konsultationen
EFRAG führt regelmäßig öffentliche Konsultationen durch, um Feedback von europäischen Interessengruppen zu erhalten. Diese Konsultationen sind entscheidend, um sicherzustellen, dass die Standards den Bedürfnissen und Erwartungen der Stakeholder entsprechen.
Transparenter Prozess
Die Konsultationen sind öffentlich zugänglich und bieten eine Plattform für den Austausch von Meinungen und Anregungen. Dies fördert einen transparenten und inklusiven Prozess, der dazu beiträgt, die Qualität und Relevanz der Standards kontinuierlich zu verbessern. Im Jahr 2024 nahmen über 500 Stakeholder an den Konsultationen teil und lieferten wertvolle Beiträge zur Weiterentwicklung der Standards.
Warum muss die Nachhaltigkeitsberichterstattung in Europa verbessert werden?
Die Verbesserung der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Europa ist aus mehreren Gründen notwendig.
- Erstens trägt sie dazu bei, dass Unternehmen ihre ökologischen, sozialen und ökonomischen Auswirkungen transparent für die Stakeholder darstellen und Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. Dies ist entscheidend, um das Vertrauen der Öffentlichkeit und der Investoren zu gewinnen und zu erhalten.
- Zweitens ermöglicht eine verbesserte Berichterstattung eine bessere Vergleichbarkeit und Konsistenz der Daten, was wiederum die Entscheidungsfindung auf politischer und wirtschaftlicher Ebene unterstützt.
- Drittens hilft sie, bestehende Lücken bei den Berichtsvorschriften zu schließen und die Rechenschaftspflicht europäischer Unternehmen über Nachhaltigkeitsaspekte zu erhöhen.
Schließlich trägt sie dazu bei, die Nachhaltigkeitsziele der Europäischen Union zu erreichen, indem sie Unternehmen dazu anregt, nachhaltigere Praktiken zu implementieren und ihre Umwelt- und Sozialbilanz zu verbessern.
Fazit
Die von EFRAG beschlossenen Änderungen an den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) sind ein bedeutender Schritt zur Verbesserung der Nachhaltigkeitsberichterstattung in Europa. Durch die Entwicklung sektor-spezifischer und sektorübergreifender Standards sowie umfassende Implementierungsunterstützung und öffentliche Konsultationen stellt EFRAG sicher, dass Unternehmen in der Lage sind, qualitativ hochwertige und relevante Nachhaltigkeitsberichte zu erstellen. Diese Maßnahmen tragen dazu bei, die Transparenz und Verantwortlichkeit in der Unternehmensberichterstattung zu erhöhen und die Nachhaltigkeitsziele der Europäischen Union zu unterstützen.
Weiterführende Links und Quellen
Corporate Sustainability Reporting Directive
Ändert sich die europäische Nachhaltigkeitsberichterstattung?
Prokurist und Leiter Portfoliomanagement, Wirtschaftsinformatiker (EBS), über 25 Jahre Erfahrung als Händler (Eurex-, Xetra- und NASD-Lizenz) und Portfolio- und Fondsmanager u.a. für Absolute-Return-Produkte bei Investmentboutiquen. Seit 2009 bei der FiNet Asset Management GmbH in Marburg als Fonds- und Portfoliomanager tätig.
Frank Huttel ist spezialisiert u.a. auf Produktentwicklung und der Fondsauswahl und hat fundiertes Know-how im klassischen sowie alternativen Asset-Management. Seit 2019 ist er SRI-Advisor (EBS) und Climate Reality Leader (2018). Außerdem ist er Mitinitiator von vividam, dem nachhaltigen Robo-Advisor.