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Drastische Kurskorrektur: EFRAG reduziert ESRS-Berichtspflichten um bis zu 68 Prozent

Posted on Heute um 7:27 am Uhr
ESRS-Vereinfachung: Geschäftsmann zwischen Papierstapeln und digitalen Grafiken symbolisiert Reduktion der Nachhaltigkeitsberichtspflichten

Die Europäische Nachhaltigkeitsberichterstattung steht vor einem fundamentalen Wandel. Nach monatelangen Protesten aus der Wirtschaft über den enormen Aufwand der European Sustainability Reporting Standards (ESRS) hat EFRAG am 31. Juli 2025 drastisch vereinfachte Entwürfe vorgelegt. Die Reduktion ist beispiellos: 57 Prozent weniger obligatorische Datenpunkte, 68 Prozent weniger Gesamtangaben und über 55 Prozent kürzere Standards. Diese Kurskorrektur könnte die Art und Weise, wie europäische Unternehmen über Nachhaltigkeit berichten, grundlegend verändern.

ESRS – Vom Berichtsberg zur schlanken Norm: Die Genese einer Vereinfachung

Die Geschichte der ESRS-Vereinfachung ist eine Geschichte des Pragmatismus über den regulatorischen Idealismus. Als die Europäische Kommission im April 2021 EFRAG mit der Entwicklung der ersten europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattungsstandards beauftragte, stand die Ambition im Vordergrund: Europa sollte Weltmarktführer bei der Nachhaltigkeitstransparenz werden. Die am 31. Juli 2023 per Delegiertem Rechtsakt übernommenen ersten ESRS erfüllten diese Ambition – allerdings um den Preis einer Komplexität, die selbst große Konzerne an ihre Grenzen brachte.

Die ersten 250 Unternehmen, die seit Jahresbeginn 2025 ihre CSRD-Berichte veröffentlicht haben, lieferten eindeutige Belege für die Herausforderungen. Eine Analyse der ersten 100 Berichte durch PwC offenbarte dramatische Unterschiede: Die Berichte umfassten zwischen 30 und über 300 Seiten, mit Angaben zu 15 bis 80 nachhaltigkeitsrelevanten Auswirkungen, Risiken und Chancen. Diese Variabilität spiegelte nicht nur unterschiedliche Geschäftsmodelle wider, sondern auch die Schwierigkeit, die komplexen ESRS-Anforderungen konsistent zu interpretieren und umzusetzen.

Der Wendepunkt kam im März 2025, als die Europäische Kommission im Rahmen ihrer Omnibus-Initiative EFRAG beauftragte, die ESRS zu vereinfachen und den Berichtsaufwand zu reduzieren. Diese Entscheidung war keine regulatorische Kehrtwende, sondern eine pragmatische Anpassung an die Realitäten des Marktes. Über 800 schriftliche Rückmeldungen von Unternehmen, Verbänden und Prüfungsgesellschaften flossen in die Überarbeitung ein – ein beispielloser Stakeholder-Dialog, der die Dringlichkeit der Vereinfachung unterstrich.

EFRAG und der radikale Rückbau: Die Architektur der Vereinfachung

Die von EFRAG am 31. Juli 2025 veröffentlichten überarbeiteten ESRS-Entwürfe stellen eine architektonische Neukonzeption der europäischen Nachhaltigkeitsberichterstattung dar. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 57 Prozent weniger obligatorische Datenpunkte bedeuten für Unternehmen eine massive Reduktion des Erhebungsaufwands. Die Eliminierung aller freiwilligen Offenlegungen – ein Kernbestandteil der ursprünglichen ESRS – führt zu einer Reduktion der Gesamtangaben um 68 Prozent.

Diese drastischen Kürzungen folgen einer klaren Logik. Patrick de Cambourg, Vorsitzender des EFRAG Sustainability Reporting Board, beschreibt das Ziel prägnant:

„Diese Überarbeitungen zielen darauf ab, das zu liefern, was Europa in diesem Moment braucht: ein fokussierteres, verwendbareres Nachhaltigkeitsberichtssystem, das ambitioniert bleibt, aber Unternehmen nicht überlastet.“

Die neue Architektur basiert auf sechs zentralen Vereinfachungshebeln, die EFRAG systematisch angewandt hat.

Der erste Hebel ist die verschlankte doppelte Wesentlichkeitsanalyse mit klarer Handlungsanleitung. Unternehmen müssen nicht mehr jeden potenziellen Nachhaltigkeitsaspekt durchleuchten, sondern können sich auf wesentliche Themen konzentrieren. Der zweite Hebel eliminiert die Unterscheidung zwischen zwingenden und freiwilligen Angaben zugunsten einer klaren Trennung von „Must-Have“ und „Nice-to-Have“ Informationen.

Besonders innovativ ist der dritte Hebel: die Priorisierung quantitativer Kennzahlen und EU-Taxonomie-Daten in gesonderten Anhängen. Diese Struktur reduziert umfangreiche Erläuterungstexte und fokussiert auf messbare, vergleichbare Daten. Die Länge der Standards wurde um mehr als 55 Prozent gekürzt, was die Lesbarkeit und Implementierbarkeit erheblich verbessert.

EFRAG – Konsultationsprozess: Demokratie unter Zeitdruck

Die 60-tägige öffentliche Konsultation, die am 31. Juli 2025 startete und bis zum 29. September 2025 läuft, steht unter enormem Zeitdruck. EFRAG muss bis zum 30. November 2025 – eine Verlängerung gegenüber der ursprünglich geplanten Frist vom 1. November – die finalen Entwürfe an die Europäische Kommission übermitteln. Diese verkürzte Zeitspanne hat Kritiker auf den Plan gerufen, die bezweifeln, ob eine adequate Due-Process-Prüfung möglich ist.

Chiara Del Prete, Vorsitzende der EFRAG Sustainability Reporting Technical Expert Group, verteidigt das Tempo:

„Die Exposure Drafts, die wir heute zur Konsultation stellen, sind das Ergebnis einer intensiven Phase der Eingabensammlung und interner Diskussionen. Dank des umfassenden Dialogs, den wir in den vergangenen Monaten mit allen interessierten Stakeholdern geführt haben, konnten wir die Vereinfachung der ESRS auf die Erfahrungen bei ihrer Anwendung stützen.“

Parallel zur Konsultation führt EFRAG Feldtests mit mindestens 15 Unternehmen verschiedener Größenklassen durch. Diese Arbeitsgruppen, die zwischen dem 8. und 26. September 2025 tagen, sollen die Praxistauglichkeit der vereinfachten Standards unter realen Bedingungen testen. Ein besonderer Fokus liegt auf der Frage „Brutto versus Netto“ – einer der komplexesten Aspekte der Nachhaltigkeitsberichterstattung.

Eine externe Kosten-Nutzen-Analyse, durchgeführt von unabhängigen Beratern, soll die wirtschaftlichen Auswirkungen der Vereinfachungen quantifizieren. Diese Analyse ist entscheidend für die Akzeptanz der neuen Standards bei Unternehmen und Aufsichtsbehörden gleichermaßen.

Internationale Harmonisierung: Europa sucht den globalen Anschluss

Eine der bedeutendsten Neuerungen der überarbeiteten ESRS ist die verstärkte Harmonisierung mit internationalen Standards. EFRAG hat systematisch die Kompatibilität mit den International Sustainability Standards Board-Standards (IFRS S1/S2) verbessert, indem einheitliche Strukturen und Terminologien übernommen wurden. Diese Harmonisierung ist kein Zufall, sondern strategische Notwendigkeit in einem globalisierten Kapitalmarkt.

Die Abstimmung auf bestehende EU-Regulierung – von der EU-Taxonomie über die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) bis hin zu MiFID-Anpassungen – schafft ein kohärentes regulatorisches Ökosystem. Unternehmen müssen nicht mehr zwischen verschiedenen Berichtssystemen jonglieren, sondern können auf einer einheitlichen Datenbasis aufbauen.

Besonders bedeutsam ist die Übernahme des „Fair Presentation“-Rahmens der IFRS-Standards. Dieser Ansatz betont die sachgerechte Darstellung von Nachhaltigkeitsinformationen über die reine Einhaltung von Berichtsvorschriften hinaus. Neue Erleichterungsmechanismen, wie sie auch in den IFRS-Standards verwendet werden, schaffen Ausnahmen, wo die Berichterstattung unverhältnismäßige Kosten oder Aufwände verursachen würde.

Auswirkungen für Unternehmen: Entlastung mit Nebenwirkungen

Die drastische Reduktion der Berichtspflichten verspricht erhebliche Kosteneinsparungen für berichtspflichtige Unternehmen. Die European Commission schätzt, dass ursprünglich 50.000 Unternehmen von der CSRD betroffen gewesen wären. Das parallel diskutierte Omnibus-Paket könnte diese Zahl um 80 Prozent reduzieren, indem die Berichtsschwelle auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern angehoben wird.

Für Unternehmen, die bereits ihre ersten CSRD-Berichte erstellt haben, bedeuten die Vereinfachungen eine willkommene Entlastung. EFRAGs „State of Play 2025“-Studie, basierend auf der Analyse von 656 Nachhaltigkeitsberichten, zeigt, dass viele Unternehmen noch dabei sind, konsistente und vergleichbare Berichtssysteme zu entwickeln. Die vereinfachten Standards können diesen Lernprozess beschleunigen.

Die höhere Fokussierung auf wesentliche, taxonomiekonforme Kennzahlen in separaten Anhängen verbessert die Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen und Branchen. Investoren und andere Stakeholder erhalten kompaktere, aber aussagekräftigere Informationen. Die Reduzierung von Überschneidungen und Unklarheiten zwischen verschiedenen ESRS-Kapiteln vereinfacht nicht nur die Berichtserstellung, sondern auch die Nutzung der Berichte.

Allerdings gibt es auch kritische Stimmen. Die Eliminierung freiwilliger Offenlegungen könnte ambitionierte Unternehmen davon abhalten, über die Mindestanforderungen hinauszugehen. Die Gefahr einer „Race to the Bottom“-Mentalität steht im Raum, wo Unternehmen nur noch das gesetzliche Minimum erfüllen.

Zeitplan und Implementierung: Phasen der Transformation

Der straffe Zeitplan für die ESRS-Vereinfachung spiegelt die Dringlichkeit wider, mit der Europa seine Nachhaltigkeitsregulierung anpassen muss. Nach dem Ende der öffentlichen Konsultation am 29. September 2025 folgen intensive Wochen der Auswertung und Überarbeitung. Die Feldtests und Stakeholder-Workshops, die bis November 2025 abgeschlossen sein müssen, liefern zusätzliche Erkenntnisse für die Feinabstimmung.

Die Übermittlung der finalen Entwürfe an die EU-Kommission bis zum 30. November 2025 markiert den Übergang von der technischen Entwicklung zur politischen Entscheidung. Die Kommission muss die Entwürfe als Delegierte Rechtsakte übernehmen – ein Prozess, der weitere Monate dauern kann.

Die geplante verpflichtende Anwendung auf das Berichtsjahr 2027 mit freiwilliger Voranwendung für 2026 gibt Unternehmen Zeit, ihre Berichtssysteme anzupassen. Allerdings steht dieser Zeitplan unter dem Vorbehalt der politischen Entwicklungen rund um das Omnibus-Paket. Die bereits beschlossene „Stop-the-Clock“-Direktive verschiebt die Berichtspflichten für viele Unternehmen der zweiten und dritten Welle um zwei Jahre.

Stakeholder-Engagement: Partizipation in Krisenzeiten

Das Ausmaß des Stakeholder-Engagements bei der ESRS-Vereinfachung ist beispiellos in der europäischen Regulierungsgeschichte. Über 800 schriftliche Rückmeldungen, zahlreiche Workshops und die direkte Einbindung von Unternehmen in Feldtests zeigen, wie ernst EFRAG die Kritik an den ursprünglichen Standards genommen hat.

Die geografische Verteilung der ersten CSRD-Berichte ist aufschlussreich: Fast 90 Prozent stammen aus nur fünf europäischen Ländern, wobei drei davon – Deutschland, Spanien und die Niederlande – die CSRD noch nicht vollständig in nationales Recht umgesetzt haben. Diese Unternehmen berichteten freiwillig, motiviert durch Stakeholder-Erwartungen und die Notwendigkeit, sich auf die kommenden Verpflichtungen vorzubereiten.

Die geplanten Informationsveranstaltungen und Webinare im dritten Quartal 2025 sollen die neuen Entwürfe erläutern und weitere Rückmeldungen sammeln. EFRAG organisiert oder unterstützt diese Veranstaltungen in ganz Europa, um sicherzustellen, dass auch kleinere Unternehmen und Organisationen ihre Stimme einbringen können.

Ein besonderes Augenmerk liegt auf den Prüfungsgesellschaften, die als externe Sachverständige die Nachhaltigkeitsberichte testieren müssen. Ihre Erfahrungen mit den ersten CSRD-Berichten fließen direkt in die Vereinfachung ein, da sie die praktischen Herausforderungen der Standards aus erster Hand kennen.

Herausforderungen und Kritik: Die Schattenseiten der Vereinfachung

Trotz der überwiegend positiven Resonanz auf die ESRS-Vereinfachung gibt es auch kritische Stimmen. Grant Thornton, eine der Big-Four-Prüfungsgesellschaften, begrüßt zwar die Reduzierung der Berichtslast, äußert aber Bedenken über die kurze Konsultationsfrist. „Wir sind uns nicht sicher, ob dies genug Zeit für eine angemessene Due-Process-Prüfung sein wird“, kommentiert das Unternehmen.

Ein grundlegenderes Problem liegt in der Balance zwischen Vereinfachung und Ambition. Die Eliminierung freiwilliger Offenlegungen könnte Unternehmen davon abhalten, über die Mindestanforderungen hinauszugehen. In einer Zeit, in der Investoren und Verbraucher zunehmend detaillierte Nachhaltigkeitsinformationen fordern, könnte diese Rückschrittlichkeit kontraproduktiv sein.

Die Harmonisierung mit internationalen Standards, obwohl grundsätzlich begrüßenswert, birgt auch Risiken. Europa droht seine Führungsrolle bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu verlieren, wenn es sich zu stark an den weniger ambitionierten globalen Standards orientiert. Die ursprünglichen ESRS waren auch deshalb so komplex, weil sie europäische Werte und Ziele – vom Green Deal bis zur sozialen Marktwirtschaft – in Berichtsstandards übersetzten.

Die zeitlichen Verschiebungen durch die „Stop-the-Clock“-Direktive und das diskutierte Omnibus-Paket schaffen zusätzliche Unsicherheit. Unternehmen, die bereits Ressourcen in die Vorbereitung auf die ursprünglichen Termine investiert haben, stehen vor der Frage, ob sie ihre Anstrengungen pausieren oder fortsetzen sollen.

Technologische Innovation: Digitalisierung als Enabler

Die ESRS-Vereinfachung kommt zu einem Zeitpunkt, an dem technologische Lösungen die Nachhaltigkeitsberichterstattung revolutionieren. Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen können komplexe ESG-Daten automatisch sammeln, verarbeiten und analysieren. Diese Technologien könnten die Vereinfachung der Standards überflüssig machen, indem sie die Komplexität für die Anwender reduzieren, ohne die Datenqualität zu beeinträchtigen.

Cloud-basierte Berichtssysteme ermöglichen es Unternehmen, ihre Nachhaltigkeitsdaten in Echtzeit zu erfassen und zu aktualisieren. Die Integration verschiedener Datenquellen – von Energieverbrauchsmessungen bis hin zu Lieferantenbewertungen – wird zunehmend automatisiert. Diese technologischen Entwicklungen könnten die Debatte über die Komplexität von Berichtsstandards grundlegend verändern.

Blockchain-Technologie verspricht unveränderliche und nachverfolgbare Nachhaltigkeitsdaten, die das Vertrauen in ESG-Berichte stärken könnten. Smart Contracts könnten automatisch Nachhaltigkeitskennzahlen berechnen und Berichte generieren, basierend auf vordefinierten Kriterien und Datenquellen.

Globale Wechselwirkungen: Europas Einfluss auf die Weltmärkte

Die ESRS-Vereinfachung hat Auswirkungen weit über die Grenzen der Europäischen Union hinaus. Schätzungen zufolge sind über 10.000 nicht-europäische Unternehmen direkt oder indirekt von der CSRD betroffen, darunter mehr als 3.000 US-amerikanische Firmen. Diese Unternehmen müssen entweder selbst berichten oder Daten für ihre europäischen Partner und Kunden liefern.

Die Vereinfachung könnte paradoxerweise die globale Akzeptanz der ESRS erhöhen. Komplexe Standards schreckten viele internationale Unternehmen ab und führten zu einer Fragmentierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Einfachere, aber dennoch ambitionierte Standards könnten als globale Referenz dienen und die Konvergenz verschiedener nationaler Systeme fördern.

Gleichzeitig beobachten andere Jurisdiktionen die europäische Entwicklung genau. Die USA, Großbritannien und asiatische Länder entwickeln eigene Nachhaltigkeitsberichtssysteme und lernen aus den europäischen Erfahrungen. Eine erfolgreiche ESRS-Vereinfachung könnte den „Brussels Effect“ verstärken – die Tendenz europäischer Regulierung, globale Standards zu setzen.

Ausblick: Nachhaltigkeit zwischen Pragmatismus und Ambition

Die ESRS-Vereinfachung markiert einen Wendepunkt in der europäischen Nachhaltigkeitsregulierung. Nach Jahren des regulatorischen Aktivismus, der von der Taxonomie-Verordnung über die CSRD bis zur Lieferkettenrichtlinie reichte, setzt Europa auf Pragmatismus und Wirtschaftsverträglichkeit. Diese Kurskorrektur ist nicht nur regulatorisch, sondern auch politisch motiviert: In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und internationaler Konkurrenz um Investitionen kann sich Europa keine überbordende Bürokratie leisten.

Langfristig strebt die EU weiterhin eine vollumfängliche Verzahnung der ESRS mit globalen Berichtsstandards an. Die Interoperabilität mit den IFRS-Nachhaltigkeitsstandards ist nur der erste Schritt. Die Vision einer weltweiten Konvergenz der Nachhaltigkeitsberichterstattung bleibt bestehen, auch wenn der Weg dorthin pragmatischer geworden ist.

Die Rolle der Technologie wird weiter zunehmen. Die nächste Generation der ESRS könnte bereits standardmäßig digitale Berichtsprozesse voraussetzen und maschinelle Datenverarbeitung integrieren. Dies würde es ermöglichen, wieder komplexere Anforderungen zu stellen, ohne die Belastung für Unternehmen zu erhöhen.

Fazit: Die Kunst des regulatorischen Balanceakts

Die ESRS-Vereinfachung ist mehr als eine technische Anpassung von Berichtsstandards – sie ist ein Lehrstück über die Kunst der Regulierung in komplexen, sich schnell wandelnden Märkten. EFRAG hat gezeigt, dass regulatorische Lernfähigkeit und Anpassungsbereitschaft wichtiger sind als dogmatisches Festhalten an ursprünglichen Konzepten.

Die drastische Reduktion um bis zu 68 Prozent der Berichtspflichten beweist, dass auch gut gemeinte Regulierung korrigiert werden kann, wenn sie in der Praxis nicht funktioniert. Die über 800 Stakeholder-Rückmeldungen und die systematische Auswertung der ersten CSRD-Berichte zeigen, wie evidenzbasierte Regulierung aussehen kann.

Für Unternehmen bedeutet die Vereinfachung kurzfristig Entlastung, langfristig aber auch die Chance, Nachhaltigkeit strategisch zu durchdenken statt nur regulatorisch abzuarbeiten. Die Fokussierung auf wesentliche Kennzahlen und die bessere Lesbarkeit der Standards können die Qualität der Nachhaltigkeitskommunikation verbessern.

Die wahre Bewährungsprobe für die vereinfachten ESRS steht noch aus. Erst wenn Unternehmen ab 2027 regulär nach den neuen Standards berichten, wird sich zeigen, ob die Balance zwischen Vereinfachung und Ambition gelungen ist. Die Nachhaltigkeitstransformation braucht transparente, vergleichbare Informationen – aber sie braucht auch Unternehmen, die nicht von der Berichtspflicht erdrückt werden.

EFRAGs Kurskorrektur könnte wegweisend für die gesamte europäische Nachhaltigkeitsregulierung werden. In einer Zeit, in der Europa zwischen grünen Ambitionen und wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit navigieren muss, zeigen die vereinfachten ESRS, dass Pragmatismus und Umweltschutz keine Gegensätze sein müssen. Die nächsten Monate werden entscheiden, ob diese Philosophie auch in anderen Bereichen der europäischen Nachhaltigkeitspolitik Schule macht.

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Frank Huttel - Prokurist Finet und Leiter von Vividam
Frank Huttel

Prokurist und Leiter Portfoliomanagement, Wirtschaftsinformatiker (EBS), über 25 Jahre Erfahrung als Händler (Eurex-, Xetra- und NASD-Lizenz) und Portfolio- und Fondsmanager u.a. für Absolute-Return-Produkte bei Investmentboutiquen. Seit 2009 bei der FiNet Asset Management GmbH in Marburg als Fonds- und Portfoliomanager tätig.

Frank Huttel ist spezialisiert u.a. auf Produktentwicklung und der Fondsauswahl und hat fundiertes Know-how im klassischen sowie alternativen Asset-Management. Seit 2019 ist er SRI-Advisor (EBS) und Climate Reality Leader (2018). Außerdem ist er Mitinitiator von vividam, dem nachhaltigen Robo-Advisor.

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