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EU-Taxonomie-Verordnung: Wenn Vereinfachung zum Boomerang wird

Posted on 4 Sep. um 2:00 pm Uhr
EU-Taxonomie-Verordnung Dokument vor Laptop mit Diagrammen und EU-Flagge im Büro

Die EU-Taxonomie Verordnung (EU 2020/852) etabliert seit 2022 ein europaweit einheitliches Klassifikationsinstrument für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten. Das Ziel ist ambitioniert: Investoren klare Orientierungskriterien bieten, Kapitalströme gezielt in „grüne“ Projekte lenken und Greenwashing verhindern. Als zentraler Baustein der „Sustainable Finance Strategy“ der EU arbeitet die Taxonomie-Verordnung zusammen mit der Offenlegungsverordnung (SFDR) und der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) daran, mindestens 180 Milliarden Euro jährlich an privatem Kapital in nachhaltige Investitionen umzulenken.

Seit ihrer Einführung sind sowohl Finanz- als auch Nicht-Finanzunternehmen verpflichtet, eine Vielzahl von Kennzahlen (KPIs) offenzulegen – insbesondere Angaben zu Umsätzen, Investitionsausgaben (CapEx) und Betriebsausgaben (OpEx) im Hinblick auf Taxonomiekonformität. Diese Berichtspflichten binden erhebliche personelle und technische Ressourcen und riefen regelmäßig Kritik an der Komplexität des Verfahrens hervor.

Die Omnibus-Pakete: Versprochene Entlastung

Auf die anhaltende Kritik reagierte die EU-Kommission mit umfassenden Reformpaketen. Im Februar und Juli 2025 hat die EU-Kommission zwei zentrale Vereinfachungspakete vorgestellt: Eine Delegierte Verordnung sowie das Omnibus-Paket I. Am 4. Juli 2025 hat die Europäische Kommission eine Delegierte Verordnung zur Überarbeitung der bestehenden Taxonomie-Verordnung (EU) 2020/852 angenommen.

Die vorgeschlagenen Änderungen sehen mehrere Kernpunkte vor:

  • Einführung von De-Minimis-Schwellen: Wirtschaftliche Aktivitäten, die weniger als 10 Prozent der Gesamteinnahmen, Investitionsausgaben (CapEx) oder Betriebsausgaben (OpEx) eines Unternehmens ausmachen, müssen künftig nicht mehr auf ihre Konformität mit der Taxonomie überprüft werden. Für betriebliche Ausgaben (OpEx) liegt der Schwellenwert bei 25 % des Umsatzes.
  • Zeitliche Verschiebungen für Finanzinstitute: Finanzunternehmen wie Banken können zwei Jahre lang darauf verzichten, detaillierte Kennzahlen wie etwa die Green Asset Ratio (GAR) offenzulegen.
  • Drastische Reduktion der Datenpunkte: Die Anzahl der zu meldenden Datenpunkte wird deutlich reduziert – um bis zu 64 Prozent bei Nicht-Finanzunternehmen und um bis zu 89 Prozent bei Finanzinstitutionen. Ursprünglich waren 1,184 Datenpunkte erforderlich, davon 297 mit quantitativen Angaben.
  • Vereinfachte Berichterstattung: Ergänzend dazu will die Kommission standardisierte Reporting-Vorlagen anbieten und ein begleitendes Q&A-Dokument veröffentlichen, um typische Praxisfragen zu klären.
  • Erleichterungen für kleinere Unternehmen: Weitere Erleichterungen sind für Unternehmen vorgesehen, deren Nettoumsatz 450 Mio. Euro nicht übersteigt. Ferner soll die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung für kapitalmarktorientierte KMU gänzlich entfallen.

Der Boomerang-Effekt: Wenn Vereinfachung kompliziert wird

Entgegen den Erwartungen berichten Unternehmensvertreter jedoch von einem sogenannten Boomerang-Effekt: Der bürokratische Aufwand verlagert sich lediglich, anstatt zu schrumpfen. Um 89 Prozent der Datenpunkte will die EU-Kommission der Finanzbranche die Taxonomie-Berichterstattung verringert haben. Doch Branchenvertreter machen nun deutlich, dass es kaum Erleichterungen gibt, im Gegenteil. Sie sagen teils: Der Berichtsaufwand könnte anfangs sogar größer werden.

Das Paradox der Materialitätsanalyse: Um die De-Minimis-Schwelle anzuwenden, müssen Unternehmen zunächst für jede einzelne Geschäftsaktivität umfassende Materialitätsanalysen durchführen. Diese Analysen erfordern eine enge Abstimmung zwischen Finanz-, Nachhaltigkeits- und Fachabteilungen sowie eine präzise Datenerhebung, die vielfach schneller zu umfangreicher als zu reduzierter Arbeit führt.

Neue IT-Systeme statt weniger Arbeit: Für Banken und Versicherer entstehen zusätzliche Hürden. Zwar erlauben die Safe-Harbour-Regelungen die Nutzung von Proxies und Schätzverfahren, jedoch nur bei gleichzeitiger, lückenloser Dokumentation der Methodik. In der Praxis bedeutet das, dass viele Institute neue IT-Systeme implementieren und interne Controlling-Routinen aufsetzen müssen, um Proxies zu validieren und gegenüber Aufsichtsbehörden zu verteidigen. Mehrere Häuser rechnen deshalb damit, in der Einführungsphase sogar mehr Personal für Datenmanagement und Compliance einzusetzen als zuvor.

Rechtliche Unsicherheit als Kostentreiber

Ein weiterer Treiber des Boomerang-Effekts ist die noch unklare Auslegung der neuen Schwellenwerte durch Aufsichtsbehörden. Unterschiedliche Prüfungsansätze und fehlende verbindliche Leitlinien sorgen dafür, dass Unternehmen konservative Annahmen treffen oder Rückstellungen bilden, um regulatorische Risiken abzupuffern. Gleichzeitig müssen Compliance- und Nachhaltigkeitsabteilungen komplexe Genehmigungsprozesse etablieren und umfangreiche Schulungsprogramme für Mitarbeiter aufsetzen, was den gesamten Reporting-Prozess zusätzlich verlangsamt.

Praxisbeispiele aus der Unternehmensrealität

Die Diskrepanz zwischen Theorie und Umsetzung zeigt sich deutlich in konkreten Fällen:

  • Großbank: Eine Großbank, die von der Verschiebung der Green Asset Ratio profitierte, investierte parallel in den Aufbau neuer Controlling-Systeme für Proxy-Ermittlung.
  • Automobilhersteller: Ein Automobilhersteller wollte kleine CapEx-Posten ausschließen, stellte jedoch fest, dass die genaue Abgrenzung einzelner Investitionen einen enormen Detailaufwand bedeutete.
  • Energieversorger: Ein Energieversorger musste für jede Instandhaltungsmaßnahme spezifische Materialitätsprüfungen implementieren, obwohl er OpEx-Positionen unterhalb der De-Minimis-Schwelle ausklammern wollte.

Aktuelle Entwicklungen und Zeitplan

Die neuen Regeln gelten ab dem 1. Januar 2026 für das Geschäftsjahr 2025. Der delegierte Rechtsakt durchläuft nun einen Prüfzeitraum von mindestens vier Monaten, der gegebenenfalls um weitere zwei Monate verlängert werden kann. Verpflichtete Unternehmen sollen auch diese Änderungen bereits im Geschäftsjahr 2025 anwenden dürfen.

Erweiterte Anwendungskreise: Mit der schrittweisen Einführung der CSRD wird der Kreis der berichtspflichtigen Unternehmen massiv erweitert. Expertenschätzungen gehen davon aus, dass künftig etwa 15.000 Unternehmen unter die neuen Berichtspflichten der CSRD und damit auch in den Anwenderkreis der EU-Taxonomie fallen werden, während bisher nur rund 500 Unternehmen betroffen waren.

Branchenspezifische Unterschiede: Aktuelle Studien zeigen erhebliche Unterschiede zwischen den Sektoren. Die Immobilien sowie Automotivebranche meldet den höchsten Prozentsatz an Taxonomiefähigkeit für alle drei KPIs. Die Energie-, Versorgungs- und Rohstoffbranche kam bei der berichteten Taxonomiekonformität auf den Spitzenwert (Umsatz: 25 %, Investitionsausgaben: 33 %, Betriebsausgaben: 30 %).

Empfehlungen für Unternehmen

Angesichts der komplexen Umsetzungsrealität sollten Unternehmen proaktiv handeln:

  • Frühzeitige Teambildung: Interdisziplinäre Teams aus Finanz-, Nachhaltigkeits- und Legal-Abteilungen bilden, um die verschiedenen Expertise-Bereiche zu verknüpfen.
  • Technische Infrastruktur: Die Implementierung technischer Lösungen für Datenmanagement und Reporting-Templates sollte bereits jetzt starten, um Übergangsklauseln und Schulungsprogramme parallel voranzutreiben.
  • Dialog mit Aufsichtsbehörden: Ein proaktiver Dialog mit den nationalen Aufsichtsbehörden kann dabei helfen, Interpretationsspielräume einzugrenzen und Prüfungsrisiken zu minimieren.
  • Strategische Herangehensweise: Mittelständische Unternehmen sollten die EU Taxonomie als Chance und nicht nur als zusätzliches regulatorisches Instrument verstehen. Die Taxonomie wird zunehmend zur Benchmark für Finanzierungsentscheidungen, da Banken und Investoren ihre Kredit- und Investitionsentscheidungen stärker an den Nachhaltigkeitskriterien ausrichten.

Ausblick: Die Zukunft der Taxonomie-Berichterstattung

Omnibus II (in Konsultation): Geplante weitere Digitalisierung und Zentralisierung über eine gemeinsame EU-Reporting-Plattform inklusive automatisierter Konsistenzprüfungen. Dies könnte langfristig tatsächlich zu Erleichterungen führen, wenn die technischen Hürden der Implementierung überwunden sind.

EU-Finanzkommissarin Maria Luís Albuquerque betonte: „Unsere Maßnahmen vereinfachen die Anwendung der EU-Taxonomie und schaffen das richtige Gleichgewicht zwischen der Verringerung des übermäßigen Verwaltungsaufwands für unsere Unternehmen und der Konzentration auf unsere längerfristigen Ziele, einschließlich des Übergangs zu einer nachhaltigen Wirtschaft“.

Fazit

Die angekündigten Erleichterungen der EU-Taxonomie klingen auf dem Papier nach einem deutlichen Bürokratieabbau. In der praktischen Umsetzung entpuppen sie sich jedoch als Boomerang-Effekt: Der Aufwand verlagert und vertieft sich, statt zu schrumpfen. Die Einführung von Wesentlichkeitsschwellen führt paradoxerweise zunächst zu mehr Arbeit, da Unternehmen detaillierte Materialitätsanalysen durchführen müssen, um diese Schwellen überhaupt anwenden zu können.

Echte Entlastung erfordert neben klaren Übergangsregelungen vor allem verbindliche Leitfäden und einheitliche Auslegungen durch die Aufsicht. Nur durch strategische Weitsicht und frühzeitige Vorbereitung lässt sich der vermeintliche Bürokratieabbau tatsächlich zum Vorteil nutzen. Bis dahin bleibt das Nachhaltigkeits-Reporting anspruchsvoll und verlangt Unternehmen ein hohes Maß an Vorbereitung und Koordination ab.

Die neuen Regeln, die ab dem 1. Januar 2026 für das Geschäftsjahr 2025 gelten, werden zeigen, ob die EU-Kommission das Versprechen einer echten Vereinfachung einlösen kann oder ob der Boomerang-Effekt weiterhin die Realität der Taxonomie-Umsetzung prägt.

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Frank Huttel - Prokurist Finet und Leiter von Vividam
Frank Huttel

Prokurist und Leiter Portfoliomanagement, Wirtschaftsinformatiker (EBS), über 25 Jahre Erfahrung als Händler (Eurex-, Xetra- und NASD-Lizenz) und Portfolio- und Fondsmanager u.a. für Absolute-Return-Produkte bei Investmentboutiquen. Seit 2009 bei der FiNet Asset Management GmbH in Marburg als Fonds- und Portfoliomanager tätig.

Frank Huttel ist spezialisiert u.a. auf Produktentwicklung und der Fondsauswahl und hat fundiertes Know-how im klassischen sowie alternativen Asset-Management. Seit 2019 ist er SRI-Advisor (EBS) und Climate Reality Leader (2018). Außerdem ist er Mitinitiator von vividam, dem nachhaltigen Robo-Advisor.

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